Dr. Daniela Schönberger hat ihre Promotion im Babylab abgeschlossen: Ergebnisse des Projektes „Veränderungen der Lernplastizität über die kindliche Entwicklung“
18. Dezember 2023
Vielen Dank an über 130 Hamburger Familien, dass Sie an unserer Lernstudie „Veränderungen der Lernplastizität über die kindliche Entwicklung“ im Babylab der Universität Hamburg teilgenommen haben. Das dazugehörige Promotionsprojekt hat Dr. Daniela Schönberger nun erfolgreich abgeschlossen. Gerne möchten wir Sie hiermit über die Studienergebnisse informieren, zu denen Sie einen wichtigen Beitrag geleistet haben.
Unser Ziel war zu untersuchen, wie genau Kinder von 5 bis 7 Jahren wichtige Fähigkeiten erwerben, die z.B. dem Sprachlernen zugrunde liegen. Wir wollten wissen, wie sich das automatische Lernen von Mustern und Regeln aus der Umwelt über die Zeit hinweg verändert und wovon diese Veränderungen abhängen. Dabei waren wir v.a. daran interessiert, wie sich die Lernverläufe zwischen Kindern verschiedenen Alters und Erwachsenen unterscheiden und ob Jüngere langfristig am stärksten von vorherigen Lernerfahrungen profitieren.
Dazu spielten Fünf- bis Siebenjährige sowie Studierende mehrmals ein Detektivspiel auf dem Tablet-Computer, bei dem es Regelmäßigkeiten in der Reihenfolge von Bildern zu erkennen und anzuwenden galt. Nach einem Jahr Pause spielten alle Teilnehmenden dasselbe Spiel sowie ein neues Spiel mit den bekannten Regeln nochmals, um zu sehen ob sie auf das Gelernte zurück greifen können.
Unsere Ergebnisse zeigen, dass Kinder ab 6 Jahren die komplexen Regeln erfolgreich erlernten und ihr Regelwissen in folgenden Lernsituationen nutzten. Kinder ab 6 Jahren verbesserten sich dabei im selben Maß wie Erwachsene beim wiederholten Spielen. Insgesamt waren ältere Kinder besser als jüngere Kinder und Erwachsene besser als Kinder darin, die Regeln anzuwenden. Unsere jüngste Altersgruppe von Fünfjährigen zeigte zwar in den ersten drei Spielen im Verlauf von einer Woche keinen Hinweis darauf, die Regeln erlernt zu haben. Allerdings lernte sie dieselben Regeln nach einem Jahr Pause schneller als eine gleichaltrige Vergleichsgruppe ohne Vorwissen, als sie erneut das Detektivspiel spielten. Das Behalten der Regeln über die Einjahrespause sowie die weitere Verbesserung durch erneutes Spielen nach der Pause waren in allen Altersgruppen vergleichbar ausgeprägt. Alle Altersgruppen setzten außerdem ihr erworbenes Regelwissen in einem neuen Detektivspiel ein, das unbekannte Bilder mit denselben zugrundeliegenden Reihenfolgeregeln wie zuvor enthielt. Kinder und Erwachsene, die in anderen Aufgaben Informationen kurzzeitig besser behalten konnten als Gleichaltrige, waren insgesamt besonders erfolgreiche Regellerner.
Das bedeutet, dass Kinder und Erwachsene „versteckte“ Regelmäßigkeiten aus der Umwelt extrahieren, langfristig speichern und flexibel in neuen Kontexten nutzen. Wir konnten nicht zeigen, dass diese Prozesse bei jüngeren Kindern besonders effektiv sind. Allerdings wurde deutlich, dass sich das Lernen zwischen 5 und 6 Jahren grundlegend verändert – wahrscheinlich auch weil in diesem Alter Gehirnregionen einen Entwicklungssprung machen, die für das Lernen wichtig sind. Das betrifft v.a. den Hippocampus und den präfrontalen Kortex, die mit dem Gedächtnis und der Handlungskontrolle in Verbindung gebracht werden und einen stärker gesteuerten Lernmodus ermöglichen. Zukünftige Forschung kann an unsere Ergebnisse anknüpfen und untersuchen, wie genau sich frühere Lernerfahrungen in der Infrastruktur unseres Gehirns niederschlagen und wie sich diese Anpassungen je nach Alter unterscheiden.
Wir danken Ihnen ganz herzlich, dass Sie unsere zeitintensive Studie auch unter Pandemiebedingungen so tatkräftig unterstützt und damit entscheidend zu neuen Erkenntnissen über das Lernen von Kindern beigetragen haben.
Ihr Babylab der Uni Hamburg, insbesondere die Studienleitung Dr. Daniela Schönberger